TITEL II
EIGENBERECHTIGTE KIRCHEN UND RITEN
Can. 27 – Eine Gemeinschaft von Christgläubigen, die mit einem Hierarchen nach Maßgabe des Rechts verbunden ist und die die höchste Autorität der Kirche ausdrücklich oder stillschweigend als eigenen Rechts anerkennt, wird in diesem Codex eigenberechtigte Kirche genannt.
Can. 28 – § 1. Der Ritus ist das liturgische, theologische, geistliche und disziplinäre Erbe, das sich durch die Kultur und durch die geschichtlichen Ereignisse der Völker unterscheidet und sich durch die eigene Art des Glaubenslebens einer jeden eigenberechtigten Kirche ausdrückt.
§ 2. Die Riten, über die in dem Codex gehandelt wird, sind, wenn nicht anderes feststeht, jene, die aus den alexandrinischen, antiochenischen, armenischen, chaldäischen und konstantinopolitanischen Traditionen hervorgehen.
KAPITEL I
AUFNAHME IN EINE EIGENBERECHTIGTE KIRCHE
Can. 29 – § 1. Ein Kind, das das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, wird durch die Taufe in die eigenberechtigte Kirche aufgenommen, der der katholische Vater angehört; wenn aber nur die Mutter katholisch ist oder beide Elternteile es übereinstimmend wünschen, wird es in die eigenberechtigte Kirche aufgenommen, zu der die Mutter gehört, unbeschadet des vom Apostolischen Stuhl festgesetzten Partikularrechts.
§ 2. Wenn aber ein Kind, das das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat:
1° von einer unverheirateten Mutter stammt, wird es in die eigenberechtigte Kirche aufgenommen, zu der die Mutter gehört;
2° von unbekannten Eltern stammt, wird es in die eigenberechtigte Kirche aufgenommen, der diejenigen angehören, deren Sorge es rechtmäßig anvertraut ist; wenn es sich aber um einen Adoptivvater und eine Adoptivmutter handelt, soll § 1 angewandt werden;
3° von nichtgetauften Eltern stammt, wird es in die eigenberechtigte Kirche aufgenommen, zu der jener gehört, der dessen Erziehung im katholischen Glauben übernimmt.
Can. 30 – Jeder Taufbewerber, der das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, kann jede eigenberechtigte Kirche frei wählen, in die er durch den Empfang der Taufe aufgenommen wird, unbeschadet des vom Apostolischen Stuhl festgesetzten Partikularrechts.
Can. 31 – Niemand darf versuchen, einen Christgläubigen auf irgendeine Weise zum Übertritt in eine andere eigenberechtigte Kirche zu verleiten.
Can. 32 – § 1. Niemand kann ohne die Zustimmung des Apostolischen Stuhles gültig in eine andere eigenberechtigte Kirche übertreten.
§ 2. Wenn es sich aber um einen Christgläubigen einer Eparchie einer eigenberechtigten Kirche handelt, der darum bittet, in eine andere eigenberechtigte Kirche überzutreten, die im selben Gebiet eine eigene Eparchie hat, wird hier die Zustimmung des Apostolischen Stuhles vermutet, sofern die Eparchialbischöfe von beiden Eparchien dem Übertritt schriftlich zustimmen.
Can. 33 – Der Ehefrau ist es unbenommen, bei Eingehen oder während des Bestehens einer Ehe zu der Kirche eigenen Rechts des Mannes überzutreten; ist aber die Ehe aufgelöst, kann sie frei zur früheren Kirche eigenen Rechts zurückkehren.
Can. 34 – Wenn Eltern oder der katholische Ehepartner in einer Mischehe zu einer anderen eigenberechtigten Kirche übertreten, werden die Kinder vor Vollendung des vierzehnten Lebensjahres von Rechts wegen in dieselbe Kirche aufgenommen; wenn aber in einer Ehe unter Katholiken nur einer der Eltern zu einer anderen eigenberechtigten Kirche übertritt, treten die Kinder nur dann über, wenn beide Elternteile zustimmen; nach Vollendung des vierzehnten Lebensjahres aber können die Kinder zur früheren eigenberechtigten Kirche zurückkehren.
Can. 35 – Getaufte Nichtkatholiken, die zur vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche kommen, sollen den eigenen Ritus überall auf der Welt bewahren, pflegen und nach Kräften beachten, ebenso sollen sie in die eigenberechtigte Kirche desselben Ritus aufgenommen werden, unbeschadet des Rechts, sich in besonderen Fällen von Personen, Gemeinschaften oder Gegenden an den Apostolischen Stuhl zu wenden.
Can. 36 – Jeder Übertritt zu einer anderen eigenberechtigten Kirche hat von dem Augenblick an Rechtskraft, in dem sie vor dem Ortshierarchen dieser Kirche oder dem eigenen Pfarrer oder einem Priester, der von einem der beiden delegiert ist, und zwei Zeugen, die Erklärung abgegeben worden ist, außer ein Reskript des Apostolischen Stuhles bestimmt anderes.
Can. 37 – Jede Aufnahme in eine eigenberechtigte Kirche und jeder Übertritt in eine andere eigenberechtigte Kirche ist im Taufbuch der Pfarrei, gegebenenfalls auch der lateinischen Kirche, einzutragen, wo die Taufe gefeiert worden ist; wenn dies aber nicht möglich ist, in einem anderen Dokument, das im Pfarrarchiv des Pfarrers der jeweiligen eigenberechtigten Kirche, in die die Aufnahme stattgefunden hat, aufzubewahren ist.
Can. 38 – Die Christgläubigen der orientalischen Kirchen, auch wenn sie der Sorge des Hierarchen oder des Pfarrers einer anderen eigenberechtigten Kirche anvertraut sind, bleiben dennoch der jeweiligen eigenberechtigten Kirche aufgenommen.
KAPITEL II
WAHRUNG DER RITEN
Can. 39 – Die Riten der orientalischen Kirchen sollen als Erbe der ganzen Kirche Christi so gewissenhaft bewahrt und gefördert werden, in dem sowohl das aufstrahlt, was von den Aposteln über die Kirchenväter überliefert ist, als auch das, was die göttliche Einheit des katholischen Glaubens in seiner Verschiedenheit bestätigt.
Can. 40 – § 1. Die Hierarchen, die den eigenberechtigten Kirchen eigenen Rechts vorstehen, und alle anderen Hierarchen sollen eifrigst für das treue Bewahren und das genaue Beachten des eigenen Ritus sorgen und Änderungen nur dann zulassen, wenn diese in einem organischen Prozeß vorgenommen werden können und unter Beachtung des gegenseitigen Wohlwollens und der Einheit der Christen.
§ 2. Alle übrigen Kleriker und Mitglieder der Institute des geweihten Lebens sind verpflichtet, den eigenen Ritus treu zu beachten und ihn von Tag zu Tag besser kennenzulernen und vollkommener zu pflegen.
§ 3. Auch die übrigen Christgläubigen sollen die Kenntnis und die Wertschätzung des eigenen Ritus fördern und sind verpflichtet, ihn überall zu beachten, wenn nicht etwas durch das Recht ausgenommen wird.
Can. 41 – Die Christgläubigen einer jeden eigenberechtigten Kirche, auch der lateinischen Kirche, die durch ein Amt, einen Dienst oder eine Aufgabe zahlreiche Beziehungen zu den Christgläubigen einer anderen eigenberechtigten Kirche haben, sollen in der Kenntnis und Pflege des Ritus dieser Kirche genau ausgebildet werden, entsprechend der Bedeutung ihres Amtes, Dienstes oder ihrer Aufgabe, die sie ausüben.