TITEL XXI
LEITUNGSVOLLMACHT
Can. 979 – § 1. Zur Leitungsvollmacht, die es aufgrund der göttlichen Einsetzung in der Kirche gibt, sind nach Maßgabe des Rechts befähigt, die in den heiligen Weihestand eingesetzt sind.
§ 2. Bei der Ausübung der Leitungsvollmacht können die übrigen Christgläubigen nach Maßgabe des Rechts mitwirken.
Can. 980 – § 1. Die eine Leitungsvollmacht ist für den äußeren Bereich, die andere für den inneren Bereich, entweder sakramental oder nicht sakramental.
§ 2. Wenn die Leitungsvollmacht allein für den inneren Bereich ausgeübt wird, werden die Rechtswirkungen, die ihre Ausübung, wie sie angelegt ist, für den äußeren Bereich hat, in diesem Bereich nicht anerkannt, außer sofern es für bestimmte Fälle im Recht festgesetzt wird.
Can. 981 – § 1. Ordentliche Leitungsvollmacht ist die, die von Rechts wegen mit einem Amt verbunden wird; delegierte, die der Person selbst nicht mittels des Amtes gewährt wird.
§ 2. Die ordentliche Leitungsvollmacht kann entweder eigenberechtigte oder stellvertretende sein.
Can. 982 – § 1. Ständige Vollmachten werden durch die Vorschriften über die delegierte Vollmacht geregelt.
§ 2. Die einem Hierarchen gewährte ständige Vollmacht aber wird nicht, außer bei ihrer Gewährung ist es anders vorgesehen oder seine Person ist eigens wegen der besonderen persönlichen Eignung ausgewählt, durch das Erlöschen des Rechts des Hierarchen gelöscht, dem sie gewährt wurde, sondern sie geht über auf den Hierarchen, der ihm in der Leitung nachfolgt.
Can. 983 – § 1. Dem, der behauptet, delegiert zu sein, obliegt die Beweislast für die Delegation.
§ 2. Ein Delegierter, der die Grenzen seines Auftrags hinsichtlich der Sachen oder Personen überschreitet, handelt ungültig.
§ 3. Es wird nicht so verstanden, daß ein Delegierter die Grenzen seines Auftrags überschreitet, der auf eine andere Weise, als im Auftrag bestimmt wird, das ausführt, zu dem er delegiert ist, außer die Weise ist vom Delegaten selbst zur Gültigkeit vorgeschrieben.
Can. 984 – § 1. Hierarchen sind außer dem Papst insbesondere der Patriarch, der Großerzbischof, der Metropolit, der einer eigenberechtigten Metropolitankirche vorsteht, und der Eparchialbischof und die, die ihnen in der Leitung nach Maßgabe des Rechts nachfolgen.
§ 2. Ortshierarchen sind, außer dem Papst, der Eparchialbischof, der Exarch, der Apostolische Administrator, die, die ihnen zwischenzeitlich rechtmäßig in der Leitung folgen, wenn die Genannten fehlen, und ebenso der Protosynkellos und der Synkellos; der Patriarch aber, der Großerzbischof, der Metropolit, der einer eigenberechtigten Metropolitankirche vorsteht, und die, die ihnen zwischenzeitlich in der Leitung nach Maßgabe des Rechts nachfolgen, sind Ortshierarchen nur hinsichtlich der Eparchie, die sie leiten, unbeschadet des can.101.
§ 3. Die höheren Oberen in den Instituten des geweihten Lebens, die mit der ordentlichen Leitungsvollmacht ausgestattet sind, sind auch Hierarchen, aber keine Ortshierarchen.
Can. 985 – § 1. Die Leitungsvollmacht wird unterschieden in gesetzgebende, ausführende und richterliche.
§ 2. Die gesetzgebende Vollmacht ist auf die im Recht vorgeschriebene Weise auszuüben und die Vollmacht, die ein Gesetzgeber in der Kirche unterhalb der höchsten Autorität der Kirche hat, kann nicht gültig delegiert werden, außer es wird anders im gemeinsamen Recht vorgesehen; von einem untergeordneten Gesetzgeber kann ein höherem Recht widersprechendes Gesetz nicht gültig erlassen werden.
§ 3. Richterliche Vollmacht, die Richter oder Richterkollegien haben, ist auf die im Recht vorgeschriebenen Weise auszuüben und kann nicht gültig delegiert werden, außer zur Vornahme von Handlungen für die Vorbereitung eines Dekrets oder eines Urteils.
Can. 986 – Die ausführende Vollmacht kann jemand, auch wenn er sich außerhalb des Gebietes befindet, gegenüber den Untergebenen ausüben, auch gegenüber denen, die vom Gebiet abwesend sind, außer es wird anders im gemeinsamen Recht vorgesehen oder steht aus der Natur der Sache fest; gegenüber Fremden, die sich augenblicklich in dem Gebiet aufhalten, wenn es sich um die Gewährung von Vergünstigungen oder um die Ausführung entweder von gemeinsamem Recht oder von partikulärem Recht handelt, durch das Fremde selbst nach Maßgabe des can. 1491, § 3 verpflichtet sind.
Can. 987 – Was im gemeinsamen Recht und im Partikularrecht der eigenberechtigten Kirche ausdrücklich dem Eparchialbischof im Bereich ausführenden Leitungsvollmacht zugebilligt wird, versteht sich so, daß es allein dem Eparchialbischof und dem Exarchen zukommt, ausgeschlossen sind der Protosynkellos und der Synkellos, außer mit einem Sonderauftrag.
Can. 988 – § 1. Ordentliche ausführende Vollmacht kann entweder für eine Handlung oder für die Gesamtheit der Fälle delegiert werden, außer es wird anders ausdrücklich im Recht vorgesehen.
§ 2. Vom Apostolischen Stuhl oder vom Patriarchen delegierte ausführende Vollmacht kann entweder für eine Handlung oder für die Gesamtheit der Fälle subdelegiert werden, außer eine Person ist eigens wegen der besonderen persönlichen Eignung ausgewählt oder die Subdelegation ist ausdrücklich verboten.
§ 3. Von einer anderen Autorität, die ordentliche Vollmacht hat, delegierte ausführende Vollmacht , wenn sie für die Gesamtheit der Fälle delegiert ist, kann nur für einzelne Fälle subdelegiert werden; wenn sie aber für eine Handlung oder für bestimmte Handlungen delegiert wurde, kann sie nur mit der ausdrücklichen Erlaubnis des Delegaten gültig subdelegiert werden.
§ 4. Keine subdelegierte Vollmacht kann wiederum gültig subdelegiert werden, außer es ist ausdrücklich von dem Delegierenden erlaubt.
Can. 989 – Ordentliche ausführende Vollmacht und die für die Gesamtheit der Fälle delegierte Vollmacht ist im weiten Sinn auszulegen, jede andere aber im engen Sinn; es wird so verstanden, daß dem, dem jedoch Vollmacht delegiert wurde, auch das gewährt worden ist, ohne das diese Vollmacht nicht ausgeübt werden kann.
Can. 990 – § 1. Die mehreren delegierte Vollmacht wird als diesen im einzelnen delegierte vermutet.
§ 2. Wenn mehrere im einzelnen zur Durchführung derselben Aufgabe delegiert sind, schließt der, der früher begonnen hat, die Aufgabe zu behandeln, die anderen von ihrer Durchführung aus, außer er wurde später gehindert oder wollte bei der Durchführung der Aufgabe nicht weiter fortfahren.
§ 3. Wenn mehrere kollegial zur Durchführung einer Aufgabe delegiert sind, müssen alle gemäß den Vorschriften vorgehen, die für kollegiale Handlungen festgesetzt sind, außer es ist in dem Auftrag anders vorgesehen.
Can. 991 – § 1. Die ordentliche Vollmacht wird mit dem Verlust des Amtes ausgelöscht, mit dem sie verbunden ist.
§ 2. Außer es wird anders im Recht vorgesehen, wird die ordentliche Vollmacht suspendiert, wenn gegen die Absetzung oder die Amtsenthebung rechtmäßig Berufung oder Beschwerde eingelegt wird.
Can. 992 – § 1. Die delegierte Vollmacht wird verloren mit der Erfüllung des Auftrags; mit dem Ablauf der Zeit der Übertragung oder durch Erledigung aller Fälle, für die sie übertragen wurde; durch den Wegfall des Zweckgrundes der Delegation; durch den Widerruf des Delegierenden, der dem Delegierten unmittelbar mitgeteilt wurde, und durch den Verzicht des Delegierten, der dem Delegaten angezeigt und von ihm angenommen wurde; nicht aber durch das Erlöschen des Rechts des Delegierenden, außer es geht aus den beigefügten Klauseln hervor.
§ 2. Eine Handlung aber, die aufgrund delegierter Vollmacht allein für den inneren Bereich ausgeübt wird und durch eine Unaufmerksamkeit nach Ablauf der Zeit oder nach Ausschöpfen der Zahl der Fälle vorgenommen wurde, ist gültig.
Can. 993 – Ausführende Leitungsvollmacht wird nicht suspendiert, wenn Beschwerde eingelegt wurde, außer es wird anders im gemeinsamen Recht ausdrücklich vorgesehen.
Can. 994 – Bei einem allgemeinen Irrtum über einen Sachverhalt oder über ein Recht und ebenso bei einem positiven oder beweisbaren Rechts- oder Tatsachenzweifel ersetzt die Kirche sowohl für den äußeren wie auch für den inneren Bereich die ausführende Leitungsvollmacht.
Can. 995 – Die Rechtsvorschriften über die ausführende Leitungsvollmacht sind gültig, außer es wird im gemeinsamen Recht anders vorgesehen oder steht aus der Natur der Sache fest, auch für die Vollmacht, über die in cann. 441, § 1 und 511, § 1 gehandelt wird, und für die Vollmachten, die zur gültigen Feier oder Spendung der Sakramente im Recht verlangt werden.