Einleitende Canones Titel I: Christgläubige und ihre gemeinsamen Rechte und Pflichten
Titel V: Großerzbischöfliche Kirchen
Titel VIII: Exarchien und Exarchen Titel IX: Konvente der Hierarchen mehrerer eigenberechtigter Kirchen
Titel XI: Laien
Titel XIII: Vereine von Christgläubigen Titel XIV: Evangelisierung der Völker
Titel XVII: Nichtkatholische Getaufte, die zur vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche gelangen Titel XVIII: Ökumenismus oder Förderung der Einheit der Christen
Titel XXI: Leitungsvollmacht Titel XXII: Rekurse gegen Verwaltungsdekrete

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Codex Canonum Ecc­le­si­a­rum Orientalium deutsch

TITEL XXV
STREITVERFAHREN

KAPITEL I
ORDENTLICHES STREITVERFAHREN

Art. I
EINLEITENDE KLAGESCHRIFT

Can. 1185 – Wer jemanden belangen will, muß bei dem zuständigen Richter eine einleitende Klageschrift einreichen, in der der Streitgegenstand vorgebracht und der Dienst des Richters beantragt wird.

Can. 1186 – § 1. Der Richter kann eine mündliche Klage zulassen, sooft entweder der Kläger gehindert ist, die einleitende Klageschrift einzureichen, oder die Sache leicht zu untersuchen und von geringer Bedeutung ist.

§ 2. In jedem Fall jedoch muß der Richter den Notar beauftragen, die Klage schriftlich abzufassen, die dem Kläger zu verlesen und von ihm zu bestätigen ist und die hinsichtlich aller Rechtswirkungen die Stelle einer vom Kläger schriftlich abgefaßten einleitenden Klageschrift einnimmt.

Can. 1187 – Die einleitende Klageschrift muß:

1° zum Ausdruck bringen, vor welchem Richter das Verfahren eingeleitet wird, was und von wem es erstrebt wird;

2° angeben, auf welches Recht und, wenigstens allgemein, auf welche Tatsachen und Beweismittel sich der Kläger zum Nachweis seiner Behauptung stützt;

3° vom Kläger oder von seinem Prozeßvertreter unterschrieben werden mit Angabe von Tag, Monat und Jahr sowie des Ortes, wo der Kläger oder sein Prozeßvertreter wohnt oder zur Annahme von Gerichtsakten erklärt hat, sich aufzuhalten;

4° den Wohnsitz oder Quasi-Wohnsitz der beklagten Partei angeben.

Can. 1188 – § 1. Nachdem der Einzelrichter oder der Vorsitzende des Kollegialgerichts darüber entschieden hat, daß sowohl die Sache in seine Zuständigkeit fällt als auch dem Kläger die Prozeßfähigkeit nicht fehlt, muß er durch Dekret möglichst bald die einleitende Klageschrift entweder zulassen oder ablehnen.

§ 2. Die einleitende Klageschrift kann nur abgelehnt werden, wenn:

1° der Richter oder das Gericht nicht zuständig ist;

2° zweifelsfrei feststeht, daß dem Kläger die Prozeßfähigkeit fehlt;

3° can. 1187, nn. 1-3 nicht beachtet wurde;

4° aus der einleitenden Klageschrift selbst sicher hervorgeht, daß das Begehren jeder Grundlage entbehrt und es nicht geschehen kann, daß sich aus dem Prozeß irgendeine Grundlage ergibt.

§ 3. Wenn die einleitende Klageschrift wegen Fehlern abgelehnt wurde, die ausgebessert werden können, kann der Kläger die verbesserte Klageschrift bei demselben Richter erneut einreichen.

§ 4. Gegen die Ablehnung der einleitenden Klageschrift ist es der Partei immer unbenommen, innerhalb einer Nutzfrist von zehn Tagen eine mit Gründen versehene Beschwerde beim Berufungsgericht einzulegen oder, wenn die Klageschrift vom Vorsitzenden abgelehnt wurde, beim Kollegium; die Frage der Ablehnung ist schnellstens zu entscheiden.

Can. 1189 – Wenn der Richter innerhalb eines Monats nach Einreichen der einleitenden Klageschrift, kein Dekret erlassen hat, mit welchem er die Klageschrift zuläßt oder ablehnt, kann die betreffende Partei darauf dringen, daß der Richter seinen Dienst wahrnimmt; wenn der Richter nichtsdestoweniger schweigt, gilt die Klageschrift nach erfolglosem Ablauf von zehn Tagen nach der erfolgten Mahnung als zugelassen.

 

Art. II
LADUNG UND MITTEILUNG ODER BEKANNTGABE DER GERICHTSHANDLUNGEN

Can. 1190 – § 1. In dem Dekret, mit welchem die einleitende Klageschrift zugelassen wird, muß der Richter oder der Vorsitzende des Gerichts die übrigen Parteien vor Gericht rufen oder zur Streitfestlegung laden, wobei er festlegt, ob sie schriftlich erwidern oder persönlich vor ihm zur Festlegung der Streitfragen erscheinen müssen; wenn er es aber aufgrund der schriftlich gegebenen Erwiderungen für notwendig hält, die Parteien gemeinsam vorzuladen, kann er das in einem neuen Dekret anordnen.

§ 2. Wenn die einleitende Klageschrift nach der Norm des can. 1189 als zugelassen gilt, muß das Vorladungsdekret innerhalb von zwanzig Tagen erlassen werden nach der erfolgten Mahnung, über die in dem genannten Canon gehandelt wird.

§ 3. Wenn sich aber die Parteien tatsächlich vor dem Richter zur Behandlung der Sache einfinden, ist keine Ladung erforderlich, sondern der Notar muß in den Akten vermerken, daß die Parteien sich vor Gericht eingefunden haben.

Can. 1191 – § 1. Das Ladungsdekret muß sofort der beklagten Partei mitgeteilt werden und es muß zugleich den übrigen bekannt gemacht werden, die erscheinen müssen.

§ 2. Die einleitende Klageschrift muß der Ladung beigefügt werden, außer der Richter meint aus einem schwerwiegenden Grund, daß die Klageschrift der Partei nicht bekanntzugeben ist, bevor sie vor Gericht ausgesagt hat.

§ 3. Wenn die Klage eingeleitet wird gegen jemanden, der seine Rechte nicht frei ausüben oder die Dinge, über die verhandelt wird, frei verwalten kann, ist die Ladung demjenigen mitzuteilen, durch den er nach Maßgabe des Rechts vor Gericht erscheinen muß.

Can. 1192 – § 1. Die Mitteilung oder Bekanntgabe von Ladungen, Dekreten, Urteilen und anderen Gerichtsakten muß durch Postboten mit der Empfangsbestätigung oder auf eine andere Weise erfolgen, die sehr sicher ist, unter Wahrung der Gesetze des Partikularrechts.

§ 2. Die Tatsache und die Art und Weise der Mitteilung oder Bekanntgabe muß in den Akten festgehalten werden.

§ 3. Eine beklagte Partei, die sich weigert, die Ladung anzunehmen, oder die verhindert, daß die Ladung zu ihr gelangt, gilt als rechtmäßig geladen.

Can. 1193 – Wenn die Ladung nicht rechtmäßig mitgeteilt worden ist, sind die Prozeßhandlungen nichtig, wenn nicht die Partei nichtsdestoweniger zur Verhandlung der Sache erschienen ist.

Can. 1194 – Wenn die Ladung rechtmäßig mitgeteilt worden ist oder die Parteien sich zur Verhandlung der Sache vor dem Richter eingefunden haben:

1° hört die Sache auf, unangefochten zu sein;

2° wird die Sache zur eigenen Sache des im übrigen zuständigen Richters oder Gerichts, vor dem die Klage eingebracht worden ist;

3° wird bei einem delegierten Richter die delegierte Vollmacht so befestigt, daß er sie nicht verliert, wenn das Recht des Delegierenden erlischt;

4° wird die Verjährung unterbrochen, wenn nicht etwas anderes vorgesehen ist;

5° beginnt der Prozeßlauf und deshalb greift sofort der Grundsatz Platz, wonach während eines Rechtsstreites nichts erneuert werden darf.

 

Art. III
STREITFESTLEGUNG

Can. 1195 – § 1. Die Streitfestlegung geschieht dadurch, daß durch Dekret des Richters der Streitgegenstand bestimmt wird, der aus den Anträgen und den Erwiderungen der Parteien entnommen wird.

§ 2. Die Anträge und Erwiderungen der Parteien können außer in der einleitenden Klageschrift entweder in der Erwiderung auf die Ladung oder in den Erklärungen ausgedrückt werden, die mündlich vor dem Richter abgegeben werden; in schwierigeren Fällen aber sind die Parteien vom Richter zur Festlegung der Streitfrage oder der Streitfragen zu laden, auf die im Urteil zu antworten ist.

§ 3. Das Dekret des Richters ist den Parteien mitzuteilen; wenn sie ihm nicht schon zugestimmt haben, können sie sich innerhalb von zehn Tagen an denselben Richter wenden, damit das Dekret geändert wird; die Sache aber ist schnellstens durch Dekret desselben Richters zu entscheiden.

Can. 1196 – Der einmal festgelegte Streitgegenstand kann nicht gültig geändert werden, außer aus einem schwerwiegenden Grund durch ein neues Dekret auf Antrag einer Partei, nach Anhörung der übrigen Parteien und unter Erwägung ihrer Begründungen.

Can. 1197 – Nach der Streitfestlegung hört der Besitzer einer fremden Sache auf, guten Glaubens zu sein; deshalb muß er, wenn er dazu verurteilt wird, die Sache herauszugeben, auch die Früchte vom Tag der Streitfestlegung an herausgeben und die Schäden wiedergutmachen.

Can. 1198 – Nach der Streitfestlegung muß der Richter den Parteien eine angemessene Zeit zur Vorlage und zur Vervollständigung der Beweise festsetzen.

 

Art. IV
UNTERBRECHUNG DES PROZESSLAUFS, ERLÖSCHEN UND VERZICHT

Can. 1199 – Wenn eine Partei stirbt oder ihren Personenstand ändert oder aus dem Amt scheidet, aufgrund dessen sie handelt:

1° wird, wenn das Beweisverfahren noch nicht abgeschlossen ist, der Prozeßlauf unterbrochen, bis der Erbe des Verstorbenen oder der Nachfolger oder jener, den es angeht, den Prozeßlauf wieder aufgegriffen hat;

2° muß, wenn das Beweisverfahren abgeschlossen ist, der Richter das Verfahren fortsetzen, nachdem er den Prozeßvertreter geladen hat, wenn er daran beteiligt ist, ansonsten den Erben oder Nachfolger des Verstorbenen.

Can. 1200 – § 1. Wenn entweder der Vormund oder Pfleger oder der Prozeßvertreter oder Anwalt aus dem Dienst scheidet, deren Mitwirkung nach Maßgabe des can. 1139 erforderlich ist, wird der Prozeßlauf einstweilen unterbrochen.

§ 2. Der Richter muß möglichst bald einen anderen Vormund oder Pfleger einsetzen; den Prozeßvertreter für den Streit oder Anwalt kann er einsetzen, wenn es die Partei innerhalb einer kurzen, vom Richter festgesetzten Frist unterläßt.

Can. 1201 – Wird von den Parteien sechs Monate lang keine Prozeßhandlung gesetzt, obwohl kein Hindernis entgegensteht, so endet der Prozeßlauf.

Can. 1202 – Das Erlöschen hat Rechtswirkung von Rechts wegen und gegen alle, auch gegen Minderjährige, und muß auch von Amts wegen erklärt werden, unbeschadet des Rechts, Schadensersatz gegenüber den Vormündern, Pflegern, Verwaltern, Prozeßvertretern geltend zu machen, die nicht nachgewiesen haben, daß sie keine Schuld trifft.

Can. 1203 – Das Erlöschen macht die Verfahrensakten unwirksam, nicht aber die Sachakten; sie können vielmehr auch in einem anderen Verfahren Bedeutung haben, wenn die Sache dieselben Personen und denselben Gegenstand betrifft; was aber Fremde angeht, haben sie nur die Beweiskraft von Urkunden.

Can. 1204 – Die Kosten des erloschenen Verfahrens, die jeder der Parteien entstanden sind, muß sie selbst begleichen.

Can. 1205 – § 1. In jedem Stand und in jeder Instanz des Verfahrens kann der Kläger auf den Prozeßlauf verzichten; ebenso können sowohl der Kläger als auch die beklagte Partei entweder auf alle oder nur auf einzelne Prozeßhandlungen verzichten.

§ 2. Damit Vormünder und Verwalter juristischer Personen auf den Prozeßlauf verzichten können, bedürfen sie des Rates oder der Zustimmung jener, deren Mitwirkung erforderlich ist, um solche Handlungen zu setzen, welche die Grenzen einer ordentlichen Verwaltung überschreiten.

§ 3. Damit der Verzicht gültig ist, ist er schriftlich zu vollziehen; er muß von der Partei oder von ihrem Prozeßvertreter, der dazu mit einem besonderen Auftrag ausgestattet ist, unterschrieben werden, der anderen Partei mitgeteilt, von ihr angenommen oder nicht angefochten und vom Richter zugelassen werden.

Can. 1206 – Der vom Richter zugelassene Verzicht hat für die Handlungen, auf die verzichtet wurde, dieselben Rechtswirkungen wie das Erlöschen des Prozeßlaufs und verpflichtet zudem den Verzichtenden zur Begleichung der Kosten für die Handlungen, auf die verzichtet wurde.

 

Art. V
BEWEISE

Can. 1207 – § 1. Die Beweislast obliegt dem, der eine Behauptung aufstellt.

§ 2. Keines Beweises bedürfen:

1° was vom Recht selbst vermutet wird;

2° Tatsachen, die von einer der Streitparteien behauptet und von der anderen eingestanden werden, wenn nicht vom Recht oder vom Richter nichtsdestoweniger ein Beweis gefordert wird.

Can. 1208 – § 1. Es können Beweise jeder Art beigebracht werden, die zur Beurteilung der Sache nützlich scheinen und erlaubt sind.

§ 2. Wenn eine Partei darauf dringt, daß ein vom Richter abgelehnter Beweis zugelassen wird, soll der Richter selbst die Sache schnellstens entscheiden.

Can. 1209 – Wenn eine Partei oder ein Zeuge sich weigern, sich vor dem Richter zur Aussage einzufinden, ist es erlaubt, sie durch eine vom Richter bestimmte Person anzuhören oder ihre Erklärung vor einem öffentlichen Notar oder auf irgendeine andere rechtmäßige Weise zu verlangen.

Can. 1210 – Der Richter darf nur aus einem schwerwiegenden Grund vor der Streitfestlegung zur Beweiserhebung schreiten.

 

1° Erklärungen der Parteien

Can. 1211 – Um die Wahrheit in möglichst zweckdienlicher Weise zu erforschen, kann der Richter die Parteien immer befragen; er muß es vielmehr auf Antrag einer Partei oder zum Beweis einer Tatsache tun, bei der es im öffentlichen Interesse liegt, daß sie außer Zweifel steht.

Can. 1212 – § 1. Die rechtmäßig befragte Partei muß antworten und die Wahrheit unverfälscht darlegen, wenn nicht durch die Antwort eine von ihr begangene Straftat offenbart wird.

§ 2. Wenn sie sich aber weigert zu antworten, ist es die Aufgabe des Richters zu beurteilen, was für den Beweis der Tatsachen daraus entnommen werden kann.

Can. 1213 – In Fällen, in denen das öffentliche Wohl betroffen ist, muß der Richter, wenn nicht ein schwerwiegender Grund etwas anderes nahelegt, den zu befragenden Parteien den Eid abnehmen, die Wahrheit zu sagen, oder wenigstens den Eid, die Wahrheit gesagt zu haben, in anderen Fällen kann er es nach seinem klugen Ermessen.

Can. 1214 – Die Parteien, der Kirchenanwalt und der Bandverteidiger können dem Richter Beweisfragen vorlegen, über die eine Partei befragt werden soll.

Can. 1215 – Hinsichtlich der Befragung der Parteien müssen bei sinngemäßer Anwendung die Canones über die Zeugenbefragung beachtet werden.

Can. 1216 – Die Erklärung über irgendeinen Sachverhalt, die schriftlich oder mündlich vor dem zuständigen Richter von irgendeiner Partei gegen sich hinsichtlich der Verfahrensmaterie selbst entweder von sich aus oder auf Befragen des Richters abgegeben wird, ist ein gerichtliches Geständnis.

Can. 1217 – § 1. Das gerichtliche Geständnis einer Partei befreit die übrigen Parteien von der Beweislast, wenn es sich um irgendeine private Angelegenheit handelt und das öffentliche Wohl nicht betroffen ist.

§ 2. In Fällen aber, die das öffentliche Wohl angehen, können das gerichtliche Geständnis und die übrigen Parteierklärungen eine Beweiskraft haben, die vom Richter zusammen mit den übrigen Umständen des Falles zu würdigen ist; volle Beweiskraft kann ihnen aber nicht zuerkannt werden, wenn nicht andere Elemente hinzukommen, die sie ganz und gar bekräftigen.

Can. 1218 – Hinsichtlich eines außergerichtlichen Geständnisses, das in das Verfahren eingebracht wird, ist es Sache des Richters, unter Abwägung aller Umstände zu bewerten, wie es einzuschätzen ist.

Can. 1219 – Das Geständnis oder irgendeine andere Erklärung einer Partei haben keine Beweiskraft, wenn feststeht, daß sie aus einem Tatsachenirrtum hervorgegangen sind oder mit Zwang oder schwerer Furcht erpreßt worden sind.

 

2° Beweis durch Urkunden

Can. 1220 – In jeder Art von Verfahren ist der Beweis sowohl durch öffentliche als auch durch private Urkunden zulässig.

Can. 1221 – § 1. Öffentliche kirchliche Urkunden sind solche, die eine Person aufgrund ihres öffentlichen Amtes in der Kirche unter Wahrung der im Recht vorgeschriebenen Förmlichkeiten ausgefertigt hat.

§ 2. Öffentliche weltliche Urkunden sind solche, die gemäß dem weltlichen Recht als solche anerkannt werden.

§ 3. Die übrigen Urkunden sind private Urkunden.

Can. 1222 – Öffentliche Urkunden bringen Beweis für das, was unmittelbar und hauptsächlich in ihnen bestätigt wird, wenn nicht durch gegenteilige und offenkundige Argumente etwas anderes erwiesen wird, unbeschadet eines abweichenden weltlichen Rechts des betreffenden Ortes, was die weltlichen Urkunden angeht.

Can. 1223 – Eine private Urkunde, die von einer Partei anerkannt oder vom Richter geprüft ist, hat dieselbe Beweiskraft gegen den Verfasser der Urkunde oder gegen den, der die Urkunde unterschrieben hat, und gegen die, die die Streitsache von ihnen erhalten haben, wie ein außergerichtliches Geständnis; gegenüber Außenstehenden aber kann sie eine Beweiskraft haben, die vom Richter zusammen mit den übrigen Umständen des Falles zu würdigen ist, volle Beweiskraft kann ihr aber nicht zuerkannt werden, wenn nicht andere Elemente hinzukommen, die sie ganz und gar bekräftigen.

Can. 1224 – Finden sich in Urkunden Radierungen, Änderungen, Einfügungen oder andere Mängel, so ist es die Aufgabe des Richters zu bewerten, ob und inwieweit derartigen Urkunden Beweiswert zukommt.

Can. 1225 – Urkunden haben im Verfahren keine Beweiskraft, wenn sie nicht urschriftlich oder in einer authentischen Abschrift vorgelegt und bei der Kanzlei des Gerichts hinterlegt worden sind, damit sie vom Richter und den Parteien geprüft werden können.

Can. 1226 – Der Richter kann anordnen, daß eine Urkunde, die beide Parteien betrifft, im Verfahren vorgelegt wird.

Can. 1227 – § 1. Niemand ist verpflichtet, Urkunden vorzulegen, auch nicht beide Parteien betreffende Urkunden, die nicht ohne Gefahr eines Nachteils, über den in can. 1229, § 2, n. 2 gehandelt wird, oder ohne Gefahr der Verletzung eines zu schützenden Geheimnisses vorgelegt werden können.

§ 2. Wenn aber wenigstens ein Teil der Urkunde abgeschrieben und diese Abschrift ohne die erwähnten Nachteile ausgehändigt werden kann, kann der Richter anordnen, daß sie vorgelegt wird.

 

3° Zeugen und Zeugenaussagen

Can. 1228 – Der Beweis durch Zeugen ist in jedwedem Verfahren zulässig; er steht unter der Leitung des Richters.

Can. 1229 – § 1. Zeugen müssen dem rechtmäßig fragenden Richter die Wahrheit sagen.

§ 2. Unbeschadet des can. 1231 sind von der Verpflichtung zu antworten ausgenommen:

1° Kleriker hinsichtlich dessen, was ihnen aufgrund ihres geistlichen Amtes bekannt geworden ist; Beamte, Ärzte, Hebammen, Anwälte, Notare und andere Personen, die zur Wahrung der Geheimhaltung verpflichtet sind hinsichtlich solcher Angelegenheiten, die der Geheimhaltung unterworfen sind;

2° wer aus seiner Aussage für sich, seinen Ehepartner, oder seine nächsten Blutsverwandten oder Verschwägerten Rufschädigung, gefährliche Belästigungen oder sonstige schwere Nachteile befürchtet.

 

a) Zeugnisfähige Personen

Can. 1230 – Jeder kann Zeuge sein, sofern er nicht vom Recht ausdrücklich entweder ganz oder teilweise ausgeschlossen wird.

Can. 1231 – § 1. Minderjährige unter vierzehn Jahren und Geistesschwache dürfen nicht zur Zeugenaussage zugelassen werden, sie können jedoch aufgrund eines Dekrets des Richters gehört werden, in dem dies für zweckdienlich erklärt wird.

§ 2. Als zeugnisunfähig gelten:

1° die Streitparteien oder jene, die im Namen der Parteien vor Gericht auftreten, der Richter oder seine Gehilfen, der Anwalt und andere, die den Parteien in derselben Sache Beistand leisten oder geleistet haben;

2° Priester hinsichtlich dessen, was ihnen aufgrund der sakramentalen Beichte bekannt geworden ist, selbst wenn der Pönitent um deren Bekanntgabe gebeten hat; sogar das, was von irgendwem und auf irgendeine Weise anläßlich der sakramentalen Beichte gehört worden ist, kann nicht einmal als Indiz für die Wahrheit verwendet werden.

 

b) Einführung und Ablehnung von Zeugen

Can. 1232 – Die Partei, die einen Zeugen eingeführt hat, kann auf seine Vernehmung verzichten; die gegnerische Partei kann aber fordern, daß der Zeuge dennoch vernommen wird.

Can. 1233 – § 1. Wenn der Beweis durch Zeugen beantragt wird, müssen deren Namen und Wohnsitz dem Gericht bekanntgegeben werden.

§ 2. Innerhalb einer vom Richter festgesetzten Frist müssen die Beweisfragen vorgelegt werden, über die die Zeugen befragt werden sollen; andernfalls gilt der Antrag als aufgegeben.

Can. 1234 – Es ist Sache des Richters, eine zu große Zahl von Zeugen einzuschränken.

Can. 1235 – Bevor die Zeugen vernommen werden, müssen ihre Namen den Parteien mitgeteilt werden; wenn dies nach dem klugen Ermessen des Richters nicht ohne große Schwierigkeit geschehen kann, muß es wenigstens vor Bekanntgabe der Zeugenaussagen erfolgen.

Can. 1236 – Unbeschadet des can. 1231 kann eine Partei beantragen, daß ein Zeuge abgelehnt wird, wenn ein gerechter Grund dargelegt wird, bevor der Zeuge vernommen wird.

Can. 1237 – Die Ladung eines Zeugen geschieht durch Dekret des Richters, das dem Zeugen rechtmäßig mitgeteilt wurde.

Can. 1238 – Ein Zeuge, der nach Maßgabe des Rechts vom Richter geladen wurde, muß erscheinen oder den Grund seiner Abwesenheit dem Richter bekanntgeben.

 

c) Zeugenvernehmung

Can. 1239 – § 1. Die Zeugen sind am Sitz des Gerichts zu vernehmen, außer dem Richter erscheint etwas anderes geraten.

§ 2. Bischöfe und solche Personen, die sich nach dem Recht ihres Staates einer ähnlichen Gunst erfreuen, müssen an dem von ihnen selbst gewählten Ort vernommen werden.

§ 3. Der Richter hat zu entscheiden, wo diejenigen zu vernehmen sind, denen es wegen Entfernung, Krankheit oder eines anderen Hindernisses unmöglich oder schwierig ist, an den Sitz des Gerichts zu kommen, unbeschadet der cann. 1071 und 1128.

Can. 1240 – Der Vernehmung der Zeugen dürfen die Parteien nicht beiwohnen, wenn nicht der Richter der Auffassung ist, besonders wenn es um eine Sache des privaten Wohls geht, daß sie zuzulassen seien; jedoch können ihre Prozeßbevollmächtigten oder Anwälte der Vernehmung beiwohnen, wenn nicht der Richter wegen sachlicher und persönlicher Umstände der Auffassung ist, daß geheim vorzugehen sei.

Can. 1241 – § 1. Die Zeugen sind einzeln jeder für sich zu vernehmen.

§ 2. Weichen die Zeugen untereinander oder von einer Partei in einer schwerwiegenden Sache ab, so kann der Richter sie einander gegenüberstellen, wobei Streit und Ärgernis nach Möglichkeit zu vermeiden sind.

Can. 1242 – Die Vernehmung eines Zeugen wird vom Richter oder von einem von ihm Beauftragten oder von einem Vernehmungsrichter durchgeführt, dem ein Notar zur Seite stehen muß; wenn deshalb die Parteien, der Kirchenanwalt, der Bandverteidiger oder die Anwälte, die bei der Vernehmung anwesend sind, weitere Fragen haben, die dem Zeugen zu stellen sind, richten sie diese nicht an den Zeugen, sondern legen sie dem Richter vor oder demjenigen, der seine Stelle einnimmt, damit er sie selbst stellt, wenn nicht anderes im Partikularrecht vorgesehen ist.

Can. 1243 – § 1. Der Richter muß dem Zeugen die schwere Verpflichtung in Erinnerung rufen, die ganze und nur die Wahrheit zu sagen.

§ 2. Der Richter muß dem Zeugen die Eidesleistung gemäß can. 1213 auferlegen; weigert sich aber der Zeuge, den Eid abzulegen, so muß er unvereidigt vernommen werden.

Can. 1244 – Der Richter muß zunächst die Identität des Zeugen prüfen; er muß nach seiner Beziehung zu den Parteien fragen und beim Stellen spezieller Fragen zum Sachverhalt auch erforschen, woher und wann der Zeuge das erfahren hat, was er aussagt.

Can. 1245 – Die Fragen müssen kurz und dem Auffassungsvermögen des zu Befragenden angepaßt sein, sie dürfen nicht mehreres zugleich enthalten, nicht verfänglich, nicht hinterlistig und nicht so sein, daß sie die Antwort nahelegen, sie müssen fern sein von jeder Beleidigung und sich auf die Sache beziehen, um die es geht.

Can. 1246 – § 1. Die Fragen dürfen den Zeugen nicht vorher mitgeteilt werden.

§ 2. Wenn aber das, was zu bezeugen ist, dem Gedächtnis so weit entrückt ist, daß es nur nach einer Auffrischung des Gedächtnisses sicher behauptet werden kann, darf der Richter dem Zeugen einige Hinweise geben, wenn dies seiner Einschätzung nach ohne Gefahr geschehen kann.

Can. 1247 – Die Zeugen müssen mündlich aussagen; schriftliche Aufzeichnungen dürfen sie nur vortragen, wenn es sich um Zahlen und Rechnungslegungen handelt; in diesem Fall nämlich können sie mitgebrachte Aufzeichnungen zu Rate ziehen.

Can. 1248 – § 1. Die Antwort muß sofort vom Notar schriftlich aufgenommen werden und die Worte der Aussage wenigstens insoweit wiedergeben, als der Prozeßgegenstand umittelbar berührt wird.

§ 2. Die Benutzung von Tonaufzeichnungsgeräten kann gestattet werden, sofern anschließend die Antworten schriftlich aufgezeichnet und, wenn möglich, von den Aussagenden unterzeichnet werden.

Can. 1249 – Der Notar muß in den Akten verzeichnen, ob der Eid geleistet, erlassen oder verweigert worden ist, ob die Parteien oder andere Personen zugegen gewesen sind, welche Fragen von Amts wegen zusätzlich gestellt worden sind und überhaupt alles, was sich etwa bei der Zeugenbefragung an Erwähnenswertem ereignet hat.

Can. 1250 – § 1. Am Ende der Befragung muß in Anwesenheit des Zeugen verlesen werden, was der Notar über seine Antworten schriftlich niedergelegt hat, oder es muß ihm vorgespielt werden, was mit technischen Mitteln von seiner Aussage aufgenommen worden ist, wobei ihm das Recht einzuräumen ist, Zusätze, Streichungen, Verbesserungen und Änderungen vorzunehmen.

§ 2. Schließlich müssen der Zeuge, der Richter und der Notar die Niederschrift unterzeichnen.

Can. 1251 – Zeugen, auch wenn sie bereits befragt worden sind, können auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen vor Offenlegung der Zeugenaussagen nochmals zu einer Befragung geladen werden, wenn es der Richter für notwendig oder zweckdienlich hält, sofern nur jede Gefahr einer Verabredung oder eines Betrugs gebannt ist.

Can. 1252 – Den Zeugen müssen anläßlich ihrer Zeugenaussage entstandene Auslagen und Gewinnausfall nach gerechter Festsetzung des Richters erstattet werden.

 

d) Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen

Can. 1253 – Bei der Würdigung der Zeugenaussagen hat der Richter, gegebenenfalls nach Einholen von Zeugnissen, zu beachten:

1° die persönlichen Verhältnisse und die sittliche Lebensführung des Zeugen;

2° ob er aus eigenem Wissen, insbesondere als persönlicher Augen und Ohrenzeuge, oder ob er seine eigene Meinung, ein Gerücht oder vom Hörensagen aussagt;

3° ob der Zeuge beständig ist und sich standhaft treu bleibt oder ob er unbeständig, unsicher und schwankend ist;

4° ob er Mitzeugen für seine Aussage hat oder ob diese durch andere Beweiselemente bestätigt wird oder nicht.

Can. 1254 – Die Aussage eines einzigen Zeugen kann keinen vollen Beweis schaffen, wenn es sich nicht um einen qualifizierten Zeugen handelt, der von ihm amtlich behandelte Dinge bezeugt, oder die sachlichen und persönlichen Umstände etwas anderes nahelegen.

 

4° Sachverständige

Can. 1255 – Die Hilfe von Sachverständigen ist beizuziehen, sooft nach Vorschrift des Rechts oder des Richters ihre Untersuchung und Begutachtung, gestützt auf die Regeln ihres Könnens oder ihrer Wissenschaft, erforderlich sind, um eine Tatsache zu beweisen oder die wahre Natur eines Sachverhaltes zu erkennen.

Can. 1256 – Es ist Sache des Richters, nach Anhören oder auf Antrag der Parteien Sachverständige zu bestellen oder, je nach Lage des Falles, von anderen Sachverständigen bereits erstellte Berichte heranzuziehen.

Can. 1257 – Aus denselben Gründen wie ein Zeuge werden auch Sachverständige ausgeschlossen oder können sie abgelehnt werden.

Can. 1258 – § 1. Unter Würdigung des etwaigen Vorbringens der Parteien muß der Richter durch Dekret die einzelnen Punkte festzulegen, auf die sich die Tätigkeit des Sachverständige zu richten hat.

§ 2. Dem Sachverständigen sind die Sachakten sowie sonstige zur Erfüllung seines Dienstes notwendige Urkunden und Hilfsmittel auszuhändigen.

§ 3. Der Richter muß nach Anhören des Sachverständigen eine Frist setzen, innerhalb derer die Untersuchung vorzunehmen und das Gutachten abzugeben ist.

Can. 1259 – § 1. Jeder Sachverständige muß sein Gutachten getrennt von den übrigen Gutachten anzufertigen, sofern der Richter nicht ein von mehreren zu unterzeichnendes Gutachten anfordert; in diesem Fall müssen etwa abweichende Auffassungen sorgfältig vermerkt werden.

§ 2. Die Sachverständigen müssen deutlich angeben, aufgrund welcher Urkunden oder auf welche andere geeignete Weise sie Gewißheit über die Identität der Personen, Sachen oder Orte gewonnen haben, auf welche Art und Weise sie bei der Durchführung des ihnen übertragenen Dienstes vorgegangen sind und auf welche Gründe sich ihre Schlußfolgerungen vor allem stützen.

§ 3. Der Sachverständige kann vom Richter geladen werden, um Erläuterungen zu geben, die darüber hinaus notwendig erscheinen.

Can. 1260 – § 1. Der Richter muß nicht nur die Schlußfolgerungen der Sachverständigen sorgfältig abwägen, selbst wenn sie übereinstimmen, sondern auch die übrigen Umstände der Sache.

§ 2. In den Entscheidungsgründen muß er zum Ausdruck bringen, durch welche Argumente er veranlaßt wurde, die Schlußfolgerungen der Sachverständigen anzunehmen oder abzulehnen.

Can. 1261 – Den Sachverständigen sind die Auslagen zu erstatten und eine Vergütung zu zahlen, deren Höhe der Richter unter Beachtung des Partikularrechtes nach Recht und Billigkeit festzusetzen hat.

Can. 1262 – § 1. Die Parteien können private Sachverständige bestimmen, die der Genehmigung des Richters bedürfen.

§ 2. Läßt der Richter es zu, so können die privaten Sachverständigen erforderlichenfalls die Sachakten einsehen und der Befragung der Sachverständigen beiwohnen; immer aber können sie ihren eigenen Bericht vorlegen.

 

5° Ortstermin und richterlicher Augenschein

Can. 1263 – Hält der Richter zur Entscheidung einer Sache es für angebracht, sich an einen bestimmten Ort zu begeben oder eine bestimmte Sache in Augenschein zu nehmen, so hat er dies durch Dekret anzuordnen; dabei hat er nach Anhören der Parteien im allgemeinen zu beschreiben, was bei der Durchführung des Ortstermins bzw. des Augenscheins vorzunehmen ist.

Can. 1264 – Über die Durchführung des Ortstermins bzw. des richterlichen Augenscheins muß ein Dokument erstellt werden.

 

6° Vermutungen

Can. 1265 – Vermutungen, die nicht vom Recht selbst aufgestellt werden, darf der Richter, um zu einem gerechten Urteil zu finden, nur aus einer sicher feststehenden und bestimmten Tatsache erschließen, die mit dem Gegenstand des Streites zusammenhängt.

Can. 1266 – Wer das für sich hat, was vom Recht selbst vermutet wird, ist frei von der Beweislast, die der Gegenpartei zufällt.

 

Art. VI
ZWISCHENVERFAHREN

Can. 1267 – Ein Zwischenverfahren liegt vor, wenn nach Beginn des Prozeßlaufes eine Frage aufgeworfen wird, die in der Klageschrift zwar nicht ausdrücklich enthalten ist, aber dennoch so zu dem Verfahren gehört, daß sie in der Regel vor dem Entscheid in der Hauptsache gelöst werden muß.

Can. 1268 – Ein Zwischenverfahren wird schriftlich oder mündlich dem für die Entscheidung in der Hauptsache zuständigen Richter vorgelegt, wobei der Zusammenhang zwischen dem Zwischenverfahren und der Hauptsache darzulegen ist.

Can. 1269 – § 1. Nach Erhalt des Antrages und nach Anhören der Parteien muß der Richter schnellstens darüber entscheiden, ob die vorgelegte Zwischenfrage als begründet und im Zusammenhang mit der Hauptsache stehend erscheint oder aber ob sie von vornherein abzuweisen ist; wenn er sie zuläßt, hat er darüber zu entscheiden, ob sie von solcher Wichtigkeit ist, daß sie durch Zwischenurteil oder durch Dekret gelöst werden muß.

§ 2. Wenn er aber befindet, daß die Zwischenfrage nicht vor dem Endurteil zu lösen ist, muß er entscheiden, daß sie zu berücksichtigen ist, wenn die Hauptsache entschieden wird.

Can. 1270 – § 1. Wenn eine Zwischenfrage durch ein Urteil gelöst werden muß, sind die Canones über das summarische Streitverfahren einzuhalten, wenn nicht dem Richter in Hinsicht auf die Bedeutung der Sache etwas anderes angebracht erscheint.

§ 2. Wenn sie aber durch Dekret gelöst werden muß, kann das Gericht die Sache dem Vernehmungsrichter oder dem Vorsitzenden übertragen.

Can. 1271 – Vor dem Entscheid in der Hauptsache kann der Richter oder das Gericht das Dekret oder das Zwischenurteil aus gerechtem Grund auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen nach Anhören der Parteien aufheben oder abändern.

 

1° Nicht erscheinende Parteien

Can. 1272 – § 1. Wenn die belangte Partei auf die Ladung hin nicht erschienen ist und keine ausreichende Entschuldigung für ihre Abwesenheit vorgebracht oder nicht gemäß can. 1190, § 1 geantwortet hat, muß der Richter sie durch Dekret für prozeßabwesend erklären und entscheiden, daß das Verfahren unter Einhaltung der sonstigen Vorschriften bis zum Endurteil und seiner Vollstreckung fortgesetzt wird.

§ 2. Vor Erlaß dieses Dekretes muß, erforderlichenfalls auch durch eine neue Ladung, feststehen, daß die rechtmäßig erfolgte Ladung rechtzeitig die belangte Partei erreicht hat.

Can. 1273 – § 1. Wenn sich die belangte Partei daraufhin vor der Urteilsfällung dem Gericht gestellt oder Antwort gegeben hat, kann sie unbeschadet des can. 1283 Einlassungen und Beweismittel vorbringen; der Richter muß aber darauf achten, daß der Prozeß nicht absichtlich und unnötig in die Länge gezogen wird.

§ 2. Selbst wenn die belangte Partei vor der Fällung des Urteils nicht erschienen ist oder nicht geantwortet hat, kann sie von den Rechtsmitteln gegen das Urteil Gebrauch machen; wenn sie aber nachweist, daß sie aus einem rechtmäßigen Grund verhindert war, den sie ohne ihre Schuld nicht eher geltend machen konnte, kann sie von der Nichtigkeitsbeschwerde Gebrauch machen.

Can. 1274 – Wenn der Kläger an dem zur Streitfestlegung festgesetzten Termin weder erschienen ist noch eine ausreichende Entschuldigung vorgebracht hat:

1° muß ihn der Richter abermals laden;

2° wird vermutet, daß der Kläger auf den Rechtszug verzichtet hat, wenn er auch der neuen Ladung nicht Folge leistet;

3° wenn er sich aber später am Prozeß beteiligen will, muß can. 1273 beachtet werden.

Can. 1275 – § 1. Die vom Prozeß abwesende Partei, die keinen rechtmäßigen Verhinderungsgrund nachgewiesen hat, ist verpflichtet, die Gerichtskosten zu tragen, die aufgrund ihrer Abwesenheit entstanden sind, wie auch gegebenenfalls einen der Gegenpartei entstandenen Schaden zu ersetzen.

§ 2. Sind sowohl der Kläger als auch die belangte Partei vom Prozeß abwesend, so sind sie jeder für sich dafür verantwortlich, daß die gesamten Gerichtskosten beglichen werden.

 

2° Eintritt eines Dritten in den Rechtsstreit

Can. 1276 – § 1. Wer ein rechtliches Interesse hat, kann in jedem Stand des Verfahrens zum Eintritt in den Rechtsstreit zugelassen werden, sei es als Partei, die ihr eigenes Recht verteidigt, sei es als Nebenbeteiligter, um einer Partei zu helfen.

§ 2. Um jedoch zugelassen zu werden, muß er vor Aktenschluß dem Richter einen Klageantrag einreichen, in dem er sein Recht auf Eintritt in den Rechtsstreit kurz darlegt.

§ 3. Wer als Dritter in den Rechtsstreit eintritt, ist bei dem Stand des Verfahrens zuzulassen, in dem sich die Sache befindet; dabei ist ihm eine kurze Ausschlußfrist zur Vorlage seiner Beweise zu setzen, falls das Verfahren den Abschnitt der Beweiserhebung erreicht hat.

Can. 1277 – Der Richter muß einen Dritten, dessen Eintritt in den Rechtsstreit als notwendig erscheint, nach Anhören der Parteien vor Gericht laden.

 

3° Widerrechtliche Eingriffe bei laufendem Verfahren

Can. 1278 – Ein widerrechtlicher Eingriff ist eine Handlung, durch die bei laufendem Verfahren von der einen Partei gegen die andere oder vom Richter gegen eine Partei oder gegen beide irgendetwas hinsichtlich der Prozeßmaterie oder hinsichtlich der prozessualen Rechte zum Nachteil einer Partei und gegen ihren Willen verändert wird, wenn nicht die Veränderung von Rechts wegen zulässig ist.

Can. 1279 – Ein widerrechtlicher Eingriff ist von Rechts wegen nichtig, weswegen der Richter seine Rücknahme anordnen muß; er wird aber von Rechts wegen geheilt, wenn die diesbezügliche Frage dem Richter nicht innerhalb eines Monats nach dem Tag der Kenntniserlangung über den widerrechtlichen Eingriff vorgelegt wird.

Can. 1280 – Fragen bezüglich widerrechtlicher Eingriffe sind schnellstens zu entscheiden vom Richter der Hauptsache, wenn eine Partei den widerrechtlichen Eingriff durchgeführt hat; wenn aber der Richter selbst den widerrechtlichen Eingriff durchgeführt hat, vom Berufungsgericht.

 

Art. VII
AKTENOFFENLEGUNG, AKTENSCHLUSS UND SACHERÖRTERUNG

Can. 1281 – § 1. Nach Durchführung der Beweiserhebungen muß der Richter zur Vermeidung der Verfahrensnichtigkeit durch Dekret den Parteien und ihren Anwälten gestatten, daß sie die ihnen noch nicht bekannten Akten in der Gerichtskanzlei einsehen; den Anwälten können auf Antrag sogar Abschriften der Akten ausgehändigt werden; in Sachen jedoch, die das öffentliche Wohl betreffen, kann der Richter zur Vermeidung sehr schwerer Gefahren verfügen, daß ein Aktenstück niemandem bekanntgegeben wird, wobei allerdings sicherzustellen ist, daß das Verteidigungsrecht immer unbeeinträchtigt bleibt.

§ 2. Zur Vervollständigung können die Parteien dem Richter noch weitere Beweise vorlegen; wenn der Richter es für erforderlich gehalten hat, diese zu erheben, ist danach abermals ein Dekret zu erlassen, über das in § 1 gehandelt wurde.

Can. 1282 – § 1. Wenn alles durchgeführt worden ist, was die Beweiserhebung betrifft, erfolgt der Aktenschluß.

§ 2. Der Aktenschluß gilt als erfolgt, wenn entweder die Parteien erklärt haben, daß sie nichts mehr vorzubringen haben, oder die ihnen vom Richter gesetzte Nutzfrist zur Vorlage von Beweisen verstrichen ist oder der Richter bekundet hat, daß er die Sache für hinreichend geklärt hält.

§ 3. Über den Aktenschluß, wie immer er auch erfolgt ist, muß der Richter ein Dekret erlassen.

Can. 1283 – § 1. Nach Aktenschluß darf der Richter außerdem dieselben oder weitere Zeugen nur vorladen oder andere Beweiserhebungen, die vorher nicht beantragt worden sind, nur anordnen:

1° in Streitsachen, bei denen es allein um das private Wohl der Parteien geht, wenn alle Parteien zustimmen;

2° in sonstigen Verfahren nach Anhören der Parteien und sofern ein schwerwiegender Grund vorliegt und ebenso jede Gefahr von Betrug oder Beeinflussung ferngehalten wird;

3° in allen Verfahren, sooft die Wahrscheinlichkeit besteht, daß ein ungerechtes Urteil aus den in can. 1326, § 2, nn. 1–3 genannten Gründen zustande kommen wird, wenn die neue Beweiserhebung nicht zugelassen wird.

§ 2. Der Richter kann aber anordnen oder zulassen, daß eine Urkunde vorgelegt wird, die etwa früher ohne Schuld der interessierten Partei nicht vorgelegt werden konnte.

§ 3. Neu erhobene Beweise müssen unter Beachtung von can. 1281, § 1 offengelegt werden.

Can. 1284 – Nach erfolgtem Aktenschluß muß der Richter eine angemessene Zeit zur Vorlage der Verteidigungsschriftsätze oder Einwendungen festlegen.

Can. 1285 – § 1. Verteidigungen und Einwendungen müssen schriftlich vorgelegt werden, wenn nicht der Richter mit Zustimmung der Parteien eine mündliche Erörterung vor dem tagenden Gericht für hinreichend erachtet.

§ 2. Wenn die Verteidigungsschriftsätze zusammen mit den wichtigen Urkunden gedruckt werden, ist die vorgängige Erlaubnis des Richters erforderlich und eine etwaige Geheimhaltungspflicht zu wahren.

§ 3. Hinsichtlich des Umfanges der Verteidigungsschriftsätze, der Zahl der Ausfertigungen und anderer derartiger Umstände müssen die Statuten des Gerichtes beachtet werden.

Can. 1286 – § 1. Nach Austausch der Verteidigungsschriftsätze und der Einwendungen darf jede Partei innerhalb einer kurzen, vom Richter festgelegten Frist Erwiderungen vorlegen.

§ 2. Dieses Recht steht den Parteien nur einmal zu, sofern es dem Richter nicht aus schwerwiegendem Grund angebracht erscheint, eine abermalige Erwiderung zu gestatten; dann aber gilt das der einen Partei gewährte Zugeständnis auch für die andere Partei.

§ 3. Kirchenanwalt und Bandverteidiger haben das Recht, auf die Erwiderung der Parteien erneut zu antworten.

Can. 1287 – § 1. Völlig unzulässig sind Mitteilungen von Parteien, Anwälten oder auch Dritten an den Richter, die außerhalb der Verfahrensakten verbleiben.

§ 2. Wenn die Sacherörterung schriftlich geschehen ist, kann der Richter bestimmen, daß eine maßvolle mündliche Erörterung zur Klärung einiger Fragen vor dem tagenden Gericht stattfindet.

Can. 1288 – Der mündlichen Erörterung nach cann. 1285, § 1 und 1287, § 2 muß ein Notar beiwohnen, damit er auf Geheiß des Richters oder auf Antrag einer Partei und mit Zustimmung des Richters von den Erörterungen und Schlußfolgerungen unverzüglich eine Niederschrift aufnehmen kann.

Can. 1289 – Wenn die Parteien versäumt haben, während der festgelegten Nutzfrist ihre Verteidigung vorzulegen, oder wenn sie sich dem Wissen und Gewissen des Richters anvertrauen, kann der Richter, sofern er aufgrund der Akten und Beweise die Sache für völlig geklärt hält, sofort das Urteil fällen, nachdem er die Stellungnahmen des Kirchenanwaltes und des Bandverteidigers eingeholt hat, wenn sie am Prozeß beteiligt sind.

 

Art. VIII
RICHTERLICHE ENTSCHEIDUNGEN

Can. 1290 – Ein auf gerichtlichem Weg durchgeführtes Verfahren, wenn es ein Hauptverfahren ist, wird vom Richter durch Endurteil entschieden, wenn es ein Zwischenverfahren ist, durch Zwischenurteil unter Wahrung des can. 1269, § l.

Can. 1291 – § 1. Zu jeder Urteilsfällung ist erforderlich, daß der Richter die moralische Gewißheit über die durch Urteil zu entscheidende Sache gewonnen hat.

§ 2. Die Gewißheit muß der Richter den Akten und Beweismitteln entnehmen.

§ 3. Der Richter muß die Beweise aber nach seinem Gewissen würdigen, unbeschadet der gesetzlichen Vorschriften über die Wirksamkeit bestimmter Beweismittel.

§ 4. Kann der Richter diese Gewißheit nicht gewinnen, so hat er durch Urteil festzustellen, daß das Recht des Klägers nicht feststeht, und die belangte Partei freizusprechen, wenn es sich nicht um eine Sache handelt, die sich der Rechtsgunst erfreut; in diesem Fall ist für die vom Recht begünstigte Sache zu entscheiden.

Can. 1292 – § 1. Beim Kollegialgericht bestimmt der Vorsitzende, wann die Richter zur Urteilssitzung zusammenkommen; die Sitzung, bei der niemand außer den Richtern des Kollegiums anwesend sein kann, findet am Sitz des Gerichtes statt, falls nicht ein besonderer Grund etwas anderes nahelegt.

§ 2. Zum anberaumten Sitzungstermin haben die einzelnen Richter schriftlich, aber anonym ihre Schlußfolgerungen zum Prozeßgegenstand samt der Darlegung der Rechts- und Tatsachengründe mitzubringen, aufgrund derer sie zu ihrem Ergebnis gelangt sind; diese Schlußfolgerungen sind mit einem Echtheitsvermerk zu versehen, von allen Richtern zu unterzeichnen und den Gerichtsakten beizufügen, aber unter Wahrung des § 4 geheimzuhalten.

§ 3. Der Rangfolge gemäß, immer jedoch beim Berichterstatter angefangen, tragen die einzelnen Richter ihre Schlußfolgerungen vor; darauf hat unter Leitung des Gerichtsvorsitzenden eine Erörterung vor allem im Hinblick auf die Festlegung dessen zu erfolgen, was im Urteilstenor zu bestimmen ist.

§ 4. Im Verlauf der Erörterung aber darf jeder von seinen bisherigen Schlußfolgerungen abgehen; will aber ein Richter der Entscheidung der anderen Richter nicht beitreten, so kann er verlangen, daß im Fall der Berufung die Schlußfolgerungen aller Richter anonym dem Obergericht zugeleitet werden.

§ 5. Wenn aber die Richter bei der ersten Erörterung zu keinem Urteil kommen wollen oder können, kann die Entscheidung auf eine neue Sitzung verschoben werden, die innerhalb einer Woche stattfinden muß, wenn nicht die prozessuale Untersuchung gemäß can. 1283 zu ergänzen ist.

Can. 1293 – § 1. Der Einzelrichter verfaßt sein Urteil selbst.

§ 2. Im Kollegialgericht wird das Urteil verfaßt, indem die Begründung dem Vorbringen der einzelnen Richter bei der Erörterung entnommen wird, wenn nicht von der Mehrheit der Richter festgelegt worden ist, welche Gründe vorzuziehen sind; das Urteil ist anschließend den einzelnen Richtern zur Genehmigung vorzulegen.

§ 3. Das Urteil ist nicht später als einen Monat nach dem Tag der Urteilsfällung herauszugeben, wenn nicht bei einem Kollegialgericht die Richter aus schwerwiegendem Grund eine längere Frist festgesetzt haben.

Can. 1294 – Das Urteil muß:

1° über den vor Gericht verhandelten Rechtsstreit entscheiden, wobei auf die einzelnen Streitfragen eine entsprechende Antwort zu geben ist;

2° entscheiden, welche Pflichten den Parteien aus dem Verfahren entstanden und wie sie zu erfüllen sind;

3° die Gründe in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht darlegen, auf die sich der Urteilstenor stützt;

4° die Gerichtskosten festsetzen.

Can. 1295 – § 1. Das Urteil muß nach der Anrufung des Namens Gottes der Reihe nach den Richter oder das Gericht, weiterhin den Kläger, die belangte Partei und den Prozeßbevollmächtigten mit genauer Angabe von Namen und Wohnsitz sowie, falls sie am Verfahren beteiligt waren, den Kirchenanwalt und den Bandverteidiger bezeichnen.

§ 2. Daraufhin muß kurz der Tatbestand mit dem Parteivorbringen und den formulierten Streitfragen berichtet werden.

§ 3. Im Anschluß daran folgt der Urteilstenor nach Darlegung der Gründe, auf die er sich stützt.

§ 4. Das Urteil schließt mit Angabe von Ort und Tag der Urteilsfällung und der Unterschrift des Richters oder, wenn es sich um ein Kollegialgericht handelt, aller Richter sowie des Notars.

Can. 1296 – Die geltenden Regeln über das Endurteil gelten bei sinngemäßer Anwendung auch für das Zwischenurteil.

Can. 1297 – Das Urteil ist baldmöglichst bekanntzugeben unter Angabe der Frist, innerhalb welcher Berufung gegen das Urteil eingelegt werden kann; vor der Bekanntgabe besitzt es keinerlei Wirksamkeit, selbst wenn der Urteilstenor mit Erlaubnis des Richters den Parteien mitgeteilt worden ist.

Can. 1298 – Die Bekanntgabe des Urteils kann durch Aushändigung einer Urteilsausfertigung an die Parteien oder ihre Prozeßbevollmächtigten oder durch Zusendung einer Ausfertigung an sie gemäß can. 1192 erfolgen.

Can. 1299 – § 1. Wenn sich im Text des Urteils entweder bei der Angabe von Zahlen ein Fehler eingeschlichen hat oder bei der Niederschrift des Urteilstenors oder bei der Darstellung des Tatbestandes oder des Parteivorbringens ein Versehen unterlaufen ist oder die Erfordernisse des can. 1295, § 4 außer Acht gelassen worden sind, muß das Urteil vom Gericht, das es gefällt hat, entweder auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen verbessert oder ergänzt werden; stets aber sind zuvor die Parteien anzuhören und ist das Dekret über die Berichtigung der Urteilsausfertigung beizufügen.

§ 2. Wenn eine Partei der Berichtigung widerspricht, muß der Zwischenstreit durch Dekret entschieden werden.

Can. 1300 – Sonstige Entscheidungen des Richters außer dem Urteil sind Dekrete; wenn sie nicht nur den Verfahrensablauf ordnen, besitzen sie keine Rechtswirkung, sofern sie nicht wenigstens summarisch Entscheidungsgründe enthalten oder auf Gründe verweisen, die in einem anderen Prozeßakt zum Ausdruck gebracht worden sind.

Can. 1301 – Ein Zwischenurteil oder ein Dekret haben die Wirkung eines Endurteils, wenn sie wenigstens bezüglich einer Streitpartei den Fortgang des Verfahrens hemmen oder dem Verfahren oder einem Verfahrensstadium ein Ende setzen.

 

Art. IX
ANFECHTUNG EINES URTEILS

1° Nichtigkeitsbeschwerde gegen ein Urteil

Can. 1302 – Wenn es sich um eine Sache handelt, die allein das private Wohl angeht, wird die im Recht festgesetzte Nichtigkeit gerichtlicher Handlungen, die dem Richter nicht vor der Urteilsfällung angezeigt worden ist, obwohl sie der die Nichtigkeitsbeschwerde einlegenden Partei bekannt war, durch das Urteil selbst geheilt, unbeschadet der cann. 1303 und 1304.

Can. 1303 – § 1. Ein Urteil leidet an unheilbarer Nichtigkeit, wenn:

1° es von einem absolut unzuständigen Richter gefällt worden ist;

2° es von jemandem gefällt worden ist, der keine richterliche Vollmacht bei dem Gericht hat, bei dem die Sache entschieden worden ist;

3° ein Richter unter Zwang oder schwerer Furcht das Urteil gefällt hat;

4° ein Prozeß ohne einen Klageantrag nach can. 1104, § 2 geführt oder nicht gegen eine belangte Partei begonnen worden ist;

5° es zwischen Parteien gefällt worden ist, von denen wenigstens eine keine prozessuale Rollenfähigkeit besitzt;

6° jemand ohne rechtmäßigen Auftrag im Namen eines anderen gehandelt hat;

7° einer Partei das Verteidigungsrecht verweigert worden ist;

8° die strittige Sache nicht einmal teilweise entschieden worden ist.

§ 2. In diesen Fällen kann die Nichtigkeitsbeschwerde als Einrede unbefristet, als Klage aber innerhalb von zehn Jahren seit der Bekanntgabe des Urteils bei dem Richter eingelegt werden, der das Urteil gefällt hat.

Can. 1304 – § 1. Ein Urteil leidet nur an heilbarer Nichtigkeit, wenn es:

1° nicht von der vorgeschriebenen Zahl von Richtern gefällt worden ist entgegen der Vorschrift des can. 1084;

2° keine Entscheidungsgründe enthält;

3° nicht die vom Recht vorgeschriebenen Unterschriften trägt;

4° keine Angaben über Ort, Jahr, Monat und Tag der Urteilsfällung aufweist;

5° auf einer nichtigen Prozeßhandlung aufbaut, deren Nichtigkeit nicht gemäß can. 1302 geheilt ist;

6° gegen eine Partei gefällt wurde, die gemäß can. 1273, § 2 rechtmäßig prozeßabwesend war.

§ 2. In diesen Fällen kann die Nichtigkeitsbeschwerde innerhalb von drei Monaten seit der Bekanntgabe des Urteils geltend gemacht werden.

Can. 1305 – Über die Nichtigkeitsbeschwerde befindet der Richter, der das Urteil gefällt hat; wenn aber eine Partei befürchtet, daß dieser Richter voreingenommen ist, und ihn deshalb für befangen hält, kann sie beantragen, daß dieser Richter nach can. 1108 durch einen anderen ersetzt wird.

Can. 1306 – Die Nichtigkeitsbeschwerde kann zusammen mit der Berufung innerhalb der für die Berufung festgesetzten Frist geltend gemacht werden.

Can. 1307 – § 1. Die Nichtigkeitsbeschwerde können nicht nur die Parteien einlegen, die sich beschwert fühlen, sondern auch der Kirchenanwalt oder der Bandverteidiger, sooft sie das Recht haben teilzunehmen.

§ 2. Der Richter kann ein von ihm gefälltes nichtiges Urteil innerhalb der in can. 1303, § 2 und 1304, § 2 vorgesehenen Fristen von Amts wegen zurückziehen oder verbessern, wenn nicht inzwischen Berufung zusammen mit der Nichtigkeitsbeschwerde eingelegt worden ist.

Can. 1308 – Verfahren über eine Nichtigkeitsbeschwerde können nach den Canones für die summarischen Streitverfahren behandelt werden.

 

2° Berufung

Can. 1309 – Eine Partei, die sich durch ein Urteil beschwert fühlt, und ebenso der Kirchenanwalt und der Bandverteidiger in Verfahren, in denen ihre Beteiligung erforderlich ist, haben das Recht, gegen ein Urteil Berufung an den höheren Richter einzulegen vorbehaltlich can. 1310.

Can. 1310 – Berufung kann nicht eingelegt werden gegen:

1° ein Urteil des Papstes oder der Apostolischen Signatur;

2° ein nichtiges Urteil, wenn nicht die Berufung gemäß can. 1306 mit der Nichtigkeitsbeschwerde verbunden wird;

3° ein rechtskräftig gewordenes Urteil;

4° das Dekret eines Richters oder das Zwischenurteil, die nicht die Wirkung eines Endurteils haben, wenn sie nicht mit der Berufung gegen das Endurteil verbunden wird;

5° ein Urteil oder ein Dekret in einer Sache, für die das Recht vorschreibt, daß sie schnellstens zu entscheiden ist.

Can. 1311 – § 1. Die Berufung muß bei dem Richter, von dem das Urteil gefällt worden ist, innerhalb einer ausschließenden Nutzfrist von fünfzehn Tagen eingelegt werden, gerechnet von der Bekanntgabe des Urteils.

§ 2. Wenn sie mündlich eingelegt wird, muß sie der Notar in Anwesenheit des Berufungsklägers schriftlich abfassen.

Can. 1312 – Von einem Delegierten gibt es keine Berufung an den Delegierenden, sondern an seinen unmittelbaren Oberen, wenn nicht der Delegierende der Apostolische Stuhl selbst ist.

Can. 1313 – Wenn eine Streitfrage über das Berufungsrecht entsteht, muß das Berufungsgericht schnellstens darüber entscheiden nach den Canones über das summarische Streitverfahren.

Can. 1314 – Die Berufung ist innerhalb eines Monates nach ihrer Einlegung bei dem Richter zu verfolgen, an den sie gerichtet ist, wenn nicht der Richter, von dem das Urteil ergangen ist, der Partei eine längere Frist zu ihrer Verfolgung gewährt hat.

Can. 1315 – § 1. Zur Verfolgung der Berufung ist erforderlich und ausreichend, daß eine Partei den Dienst des Oberrichters zur Verbesserung des angefochtenen Urteils anruft unter Beifügung einer Urteilsabschrift und unter Angabe der Berufungsgründe.

§ 2. Inzwischen muß der Richter, von dem das Urteil ergangen ist, ein Exemplar der Akten mit notarieller Beglaubigung seiner Echtheit an das Obergericht senden; wenn die Akten in einer Sprache geschrieben sind, die dem Berufungsgericht unbekannt ist, müssen sie in eine andere, dem Gericht bekannte Sprache übersetzt werden, wobei dafür Sorge zu tragen ist, daß die Zuverlässigkeit der Übersetzung feststeht.

Can. 1316 – Wenn die Berufungsfristen entweder bei dem Richter, von dem das Urteil ergangen ist, oder bei dem Richter, an den sich die Berufung richtet, ungenützt verstrichen sind, gilt dies als Verzicht auf die Berufung.

Can. 1317 – § 1. Der Berufungskläger kann auf seine Berufung verzichten mit den in can. 1206 erwähnten Rechtswirkungen.

§ 2. Wenn die Berufung vom Bandverteidiger oder vom Kirchenanwalt eingelegt worden ist, kann darauf vom Bandverteidiger oder vom Kirchenanwalt des Berufungsgerichtes verzichtet werden, wenn das gemeinsame Recht nicht etwas anderes vorsieht.

Can. 1318 § 1. Die vom Kläger eingelegte Berufung nützt auch der belangten Partei und umgekehrt.

§ 2. Wenn es mehrere belangte Parteien oder Kläger gibt und nur von einem oder gegen einen von ihnen ein Urteil angefochten wird, gilt die Anfechtung als von allen und gegen alle erhoben, sofern die beanspruchte Sache unteilbar ist oder die Verpflichtung alle einzeln bindet.

§ 3. Wenn von einer Partei gegen einen Teil des Urteils Berufung eingelegt wird, kann die Gegenpartei, auch wenn die Berufungsfrist abgelaufen ist, gegen andere Teile im Zwischenstreit Berufung einlegen innerhalb einer Ausschlußfrist von fünfzehn Tagen, von dem Tag an, an dem ihr die Hauptberufung bekanntgegeben worden ist.

§ 4. Wenn nicht etwas anderes feststeht, wird vermutet, daß die Berufung gegen alle Teile des Urteils gerichtet ist.

Can. 1319 – Die Berufung hemmt die Vollstreckung des Urteils.

Can. 1320 – § 1. Unbeschadet des can. 1369 kann in der Berufungsinstanz kein neuer Klagegrund zugelassen werden, auch nicht auf dem Weg der Klagehäufung; deshalb kann es bei der Streitfestlegung nur darum gehen, ob das frühere Urteil zu bestätigen oder aufzuheben ist, sei es ganz oder teilweise.

§ 2. Neue Beweise sind nur gemäß can. 1283 zulässig.

Can. 1321 – In der Berufungsinstanz ist auf dieselbe Weise wie in der Vorinstanz bei sinngemäßer Anwendung zu verfahren; wenn nicht etwa die Beweise zu ergänzen sind, muß jedoch sofort nach der Streitfestlegung zur Sacherörterung und zum Urteil übergegangen werden.

 

Art. X
RECHTSKRAFT DES URTEILS,
WIEDEREINSETZUNG IN DEN VORIGEN STAND
UND WIDERSPRUCH EINES DRITTEN

1° Rechtskraft des Urteils

Can. 1322 – Unbeschadet des can. 1324 gilt eine Sache als rechtskräftig entschieden, wenn

1° zwei gleichlautende Urteile zwischen denselben Parteien über dasselbe Klagebegehren und aus demselben Klagegrund vorliegen;

2° innerhalb der Nutzfrist keine Berufung gegen ein Urteil eingelegt worden ist;

3° in der Berufungsinstanz der Rechtszug erloschen oder darauf verzichtet worden ist;

4° ein Endurteil gefällt worden ist, gegen das es keine Berufung gibt.

Can. 1323 – § 1. Das rechtskräftig gewordene Urteil erfreut sich in dem Sinne der rechtlichen Beständigkeit, daß es nur durch die Nichtigkeitsbeschwerde, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder den Widerspruch eines Dritten angefochten werden kann.

§ 2. Das rechtskräftig gewordene Urteil schafft Recht zwischen den Parteien und berechtigt zur Vollstreckungsklage und zur Einrede, die Sache sei rechtskräftig abgeurteilt, die der Richter auch von Amts wegen feststellen kann, um eine erneute Einführung derselben Sache zu verhindern.

Can. 1324 – Niemals erwachsen in Rechtskraft Personenstandsverfahren, nicht ausgenommen die Verfahren zur Trennung der Ehegatten.

Can. 1325 – § 1. Wenn in einem Personenstandsverfahren zwei gleichlautende Urteile gefällt wurden, kann jederzeit das Berufungsgericht angerufen werden unter Vorlage neuer und zwar schwerwiegender Beweise oder Begründungen innerhalb einer Ausschlußfrist von dreißig Tagen nach erfolgter Anfechtung; das Berufungsgericht aber muß innerhalb eines Monates nach Vorlage der neuen Beweise und Begründungen durch Dekret feststellen, ob eine Wiederaufnahme des Verfahrens zugelassen werden muß oder nicht.

§ 2. Die Anrufung des höheren Gerichtes zum Zweck der Wiederaufnahme des Verfahrens hemmt nicht die Vollstreckung des Urteils, wenn nicht das gemeinsame Recht etwas anderes bestimmt oder das Berufungsgericht gemäß can. 1337, § 3 die Aussetzung der Vollstreckung anordnet.

 

2° Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Can. 1326 – § 1. Gegen ein Urteil, das in Rechtskraft erwachsen ist, gibt es die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, sofern die Ungerechtigkeit des Urteils offenkundig feststeht.

§ 2. Die offensichtliche Ungerechtigkeit eines Urteils wird nur anerkannt, wenn

1° sich das Urteil derart auf Beweise stützt, die sich später als falsch erwiesen haben, daß ohne diese Beweise der Urteilstenor nicht aufrechtzuerhalten ist;

2° später Urkunden aufgefunden werden, welche neue und eine gegenteilige Entscheidung fordernde Tatsachen unzweifelhaft beweisen;

3° das Urteil aufgrund arglistiger Täuschung einer Partei zum Schaden der anderen Partei gefällt worden ist;

4° die Vorschrift eines nicht rein prozessualen Gesetzes offenkundig vernachlässigt worden ist;

5° das Urteil einer früheren Entscheidung widerspricht, die in Rechtskraft erwachsen ist.

Can. 1327 – § 1. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus den in can. 1326, § 2, nn. 1–3 angeführten Gründen ist innerhalb von drei Monaten, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens dieser Gründe, bei dem Richter zu beantragen, der das Urteil gefällt hat.

§ 2. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus den in can. 1326, § 2, nn. 4 und 5 angeführten Gründen ist innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe des Urteils beim Berufungsgericht zu beantragen; wenn aber im Fall des can. 1326, § 2, n. 5 erst später Kenntnis der früheren Entscheidung erlangt wird, läuft die Frist vom Zeitpunkt dieser Kenntniserlangung an.

§ 3. Die erwähnten Fristen laufen nicht, solange die benachteiligte Partei minderjährig ist.

Can. 1328 – § 1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hemmt die noch nicht begonnene Urteilsvollstreckung.

§ 2. Wenn jedoch aufgrund glaubhafter Anzeichen der Verdacht besteht, daß der Antrag gestellt worden ist, um die Vollstreckung zu verschleppen, kann der Richter anordnen, daß das Urteil vollstreckt wird, wobei dem Antragsteller der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eine geeignete Sicherheitsleistung zu bieten ist, damit er schadlos bleibt, wenn die Wiedereinsetzung gewährt wird.

Can. 1329 – Wenn die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt worden ist, muß der Richter in der Sache ein Urteil fällen.

 

3° Widerspruch eines Dritten

Can. 1330 – Wer aus einem vollstreckbaren Endurteil, das zwischen anderen gefällt worden ist, eine Schädigung seiner Rechte befürchtet, kann das Urteil selbst vor seiner Vollstreckung anfechten.

Can. 1331 – § 1. Der Widerspruch eines Dritten kann erfolgen entweder durch das Begehren auf Überprüfung des Urteils durch das Gericht, das es gefällt hat, oder durch Berufung beim Berufungsgericht.

§ 2. Wenn der Antrag zugelassen worden ist und der Widersprechende in der Berufungsinstanz handelt, unterliegt er den Gesetzen, die für die Berufung gelten; wenn er vor dem Gericht handelt, welches das Urteil gefällt hat, sind die Normen zu beachten, die für die gerichtliche Entscheidung von Zwischenverfahren erlassen wurden.

Can. 1332 – § 1. Der Widersprechende muß in jedem Fall beweisen, daß sein Recht verletzt wurde oder verletzt werden wird.

§ 2. Die Rechtsverletzung aber muß aus dem Urteil selbst entstehen, sofern es entweder selbst der Grund für die Rechtsverletzung ist oder, wenn es vollstreckt wird, dem Widersprechenden einen schweren Schaden zufügen wird.

Can. 1333 – Wenn der Widersprechende sein Recht bewiesen hat, ist das zuvor gefällte Urteil vom Gericht entsprechend dem Antrag des Widersprechenden abzuändern.

 

Art. XI
UNENTGELTLICHER RECHTSSCHUTZ UND GERICHTSKOSTEN

Can. 1334 – Arme, welche die Gerichtskosten in keiner Weise tragen können, haben das Recht auf unentgeltlichen Rechtsschutz, wenn nur teilweise, auf eine Ermäßigung der Kosten.

Can. 1335 – § 1. Die Statuten des Gerichts müssen Bestimmungen enthalten über

1° das Tragen oder den Ausgleich der Gerichtskosten durch die Parteien;

2° die Vergütung der Prozeßbevollmächtigten, Anwälte und Dolmetscher sowie über die Entschädigung der Zeugen;

3° die Gewährung von unentgeltlichem Rechtsschutz oder einer Ermäßigung der Kosten;

4° die Begleichung des Schadens, zu welcher verpflichtet ist, wer im Verfahren nicht nur unterlegen ist, sondern leichtfertig prozessiert hat;

5° die Hinterlegung von Geld oder die Leistung einer Kaution zur Begleichung der Kosten und Begleichung eines Schadens.

Can. 1336 – Gegen die Festsetzung der Gerichtskosten, Vergütungen und der Begleichung eines Schadens gibt es keine selbständige Berufung; sondern eine Partei kann innerhalb von fünfzehn Tagen bei demselben Richter Beschwerde erheben, der die Kostenfestsetzung abändern kann.

 

Art. XII
URTEILSVOLLSTRECKUNG

Can. 1337 – § 1. Für ein Urteil, das in Rechtskraft erwachsen ist, kann Vollstreckung angeordnet werden, unbeschadet des can. 1328.

§ 2. Der Richter, der das Urteil gefällt hat, und, wenn Berufung eingelegt worden war, auch der Berufungsrichter können die vorläufige Vollstreckung eines noch nicht rechtskräftig gewordenen Urteils von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei anordnen, gegebenenfalls nach Leistung geeigneter Sicherheiten, wenn es sich um Leistungen handelt, die für den notwendigen Lebensunterhalt bestimmt sind, oder ein anderer gerechter Grund drängt.

§ 3. Wenn aber ein Urteil angefochten wird, das noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist, kann der Richter, der über die Anfechtung entscheiden muß, entweder die Vollstreckung aussetzen oder sie der Leistung einer Kaution unterwerfen, wenn er erkennt, daß die Anfechtung wahrscheinlich begründet ist und ein nicht wiedergutzumachender Schaden aus der Vollstreckung entstehen kann.

Can. 1338 – Ein Urteil kann nicht vollstreckt werden, bevor ein Vollstreckungsdekret des Richters vorliegt, das anordnet, das Urteil müsse ausgeführt werden; dieses Dekret ist je nach Art der Verfahren entweder in den Urteilstenor selbst aufzunehmen oder gesondert zu erlassen.

Can. 1339 – Wenn die Vollstreckung eines Urteils eine voraufgehende Rechenschaftsablegung erforderlich macht, entsteht eine Zwischenfrage, die von dem Richter zu entscheiden ist, der das zu vollstreckende Urteil erlassen hat.

Can. 1340 – § 1. Wenn nicht im Partikularrecht der eigenberechtigten Kirche selbst etwas anderes bestimmt ist, muß der Eparchialbischof jener Eparchie, in der das Urteil in erster Instanz gefällt worden ist, entweder selbst oder durch einen anderen das Urteil vollstrecken.

§ 2. Wenn er dies aber verweigert oder unterläßt, ist die Vollstreckung auf Antrag der interessierten Partei oder auch von Amts wegen Sache jener Autorität, der das Berufungsgericht unterstellt ist.

§ 3. Bei den in can. 1069 § 1 genannten Streitfällen ist die Vollstreckung des Urteils Sache desjenigen Oberen, der im Typikon oder in den Statuten bestimmt ist.

Can. 1341 – § 1. Wenn nicht im Urteilstenor selbst etwas seinem Ermessen überlassen worden ist, muß der Vollstrecker das Urteil nach der offensichtlichen Bedeutung seines Wortlauts vollstrecken.

§ 2. Er darf über Einwendungen gegen die Art und die Rechtskraft der Vollstreckung entscheiden, nicht aber über die Sache selbst; wenn er aber irgendwie erfahren hat, daß gemäß cann. 1303, 1304 und 1326, § 2 das Urteil nichtig oder offensichtlich ungerecht ist, muß er sich der Vollstreckung enthalten und nach Benachrichtigung der Parteien die Sache an das Gericht zurückzuverweisen, von dem das Urteil gefällt worden ist.

Can. 1342 – § 1. Wenn dem Kläger eine Sache zugesprochen wurde, ist sie dem Kläger unverzüglich auszuhändigen, nachdem das Urteil rechtskräftig geworden ist.

§ 2. Wenn eine Partei zur Herausgabe einer beweglichen Sache, zur Zahlung von Geld oder zur Erbringung einer anderen Leistung verurteilt wurde, soll der Richter im Urteilstenor selbst oder der Vollstrecker nach klugem Ermessen eine Frist zur Erfüllung der Verpflichtung festsetzen, die jedoch weder unter fünfzehn Tage begrenzt werden noch sechs Monate überschreiten darf.

 

KAPITEL II
SUMMARISCHES STREITVERFAHREN

Can. 1343 – § 1. Im summarischen Streitverfahren können alle Sachen behandelt werden, die nicht vom Recht ausgeschlossen sind, wenn nicht eine Partei ein ordentliches Streitverfahren verlangt.

§ 2. Wenn das summarische Streitverfahren in Fällen angewendet wird, die vom Recht ausgeschlossen sind, sind die gerichtlichen Handlungen nichtig.

Can. 1344 – § 1. Die einleitende Klageschrift muß außer dem, was in can. 1187 aufgezählt wird:

1° die Tatsachen, auf die sich die Anträge des Klägers stützen, kurz, vollständig und deutlich darlegen;

2° die Beweise, mit denen der Kläger die Tatsachen darzulegen beabsichtigt und die er nicht zugleich beibringen kann, so angeben, daß sie vom Richter unverzüglich erhoben werden können.

§ 2. Der einleitenden Klageschrift müssen wenigstens in beglaubigter Abschrift die Urkunden beigefügt werden, auf die sich der Klageantrag stützt.

Can. 1345 – § 1. Wenn der Versuch zur Versöhnung gemäß can. 1103, § 2 erfolglos war und der Richter überzeugt ist, daß die einleitende Klageschrift irgendwie begründet ist, muß er innerhalb von drei Tagen durch ein an das Ende der Klageschrift angefügtes Dekret anordnen, daß der belangten Partei sofort eine Abschrift des Klageantrags bekanntgegeben wird, wobei ihr das Recht einzuräumen ist, innerhalb von fünfzehn Tagen eine schriftliche Erwiderung bei der Gerichtskanzlei einzureichen.

§ 2. Diese Bekanntgabe hat die in can. 1194 genannten Wirkungen einer gerichtlichen Ladung.

Can. 1346 – Wenn die Einwendungen der belangten Partei es erforderlich machen, muß der Richter dem Kläger eine Frist zur Erwiderung setzen, so daß er aufgrund der von beiden Parteien vorgetragenen Elemente den Streitgegenstand deutlich erfassen kann.

Can. 1347 – § 1. Nach Ablauf der in cann. 1345, § 1 und 1346 genannten Fristen zur Erwiderung muß der Richter nach Durchsicht der Akten die Prozeßfrage festsetzen; daraufhin hat er zu der innerhalb von dreißig Tagen abzuhaltenden Anhörung alle laden, die daran teilnehmen müssen, wobei für die Parteien die Formel der Streitfrage anzufügen ist.

§ 2. In der Ladung müssen die Parteien darauf hingeweisen werden, daß sie bis spätestens drei Tage vor der Anhörung dem Gericht einen kurzen Schriftsatz zum Beweis ihrer Behauptungen einreichen können.

Can. 1348 – Bei der Anhörung werden zuerst die in cann. 1118, 1119, 1121 und 1122 genannten Fragen behandelt.

Can. 1349 – § 1. Bei der Anhörung werden die Beweise erhoben, unbeschadet des can. 1071.

§ 2. Eine Partei und ihr Anwalt können der Befragung der übrigen Parteien, der Zeugen und Sachverständigen beiwohnen.

Can. 1350 – Die Antworten der Parteien, der Zeugen und der Sachverständigen sowie die Anträge und die Einwendungen der Anwälte müssen vom Notar zu Protokoll genommen werden, jedoch summarisch und nur hinsichtlich dessen, was das Wesen der strittigen Sache betrifft; das Protokoll ist von denselben zu unterschreiben.

Can. 1351 – Beweise, die nicht in der Klageschrift oder in der Erwiderung genannt oder beantragt worden sind, kann der Richter nur nach Maßgabe des can. 1110 zulassen; sobald aber auch nur ein Zeuge vernommen worden ist, kann der Richter die Erhebung neuer Beweise nur nach Maßgabe des can. 1283 anordnen.

Can. 1352 – Wenn bei der Anhörung nicht alle Beweise erhoben werden konnten, ist eine weitere Anhörung anzuberaumen.

Can. 1353 – Nach Erhebung der Beweise erfolgt in derselben Anhörung die mündliche Erörterung.

Can. 1354 – § 1. Wenn sich aus der Erörterung nicht ergibt, daß im Verfahren Ergänzungen vorzunehmen sind oder daß einer nach Maßgabe des Rechts erfolgenden Urteilsfällung etwas im Wege steht, muß der Richter nach Abschluß der Anhörung die Sache sofort entscheiden; ist der Urteilstenor sofort in Anwesenheit der Parteien zu verlesen.

§ 2. Das Gericht aber kann wegen der Schwierigkeit der Streitsache oder aus einem anderen gerechten Grund die Entscheidung bis zu einer Nutzfrist von fünf Tagen aufschieben.

§ 3. Der vollständige Urteilstext mit Begründung soll den Parteien möglichst bald, in der Regel innerhalb von fünfzehn Tagen, mitgeteilt werden.

Can. 1355 – Wenn das Berufungsgericht erkennt, daß in einer unteren Instanz in einer vom Recht ausgeschlossenen Sache das summarische Streitverfahren angewendet worden ist, muß es die Nichtigkeit des Urteils feststellen und die Sache an das Gericht zurückverweisen, welches das Urteil gefällt hat.

Can. 1356 – Was im übrigen die Verfahrensweise angeht, müssen die Canones über das ordentliche Streitverfahren eingehalten werden; das Gericht kann aber aufgrund eines mit Begründung versehenen Dekrets Verfahrensvorschriften, die nicht zur Gültigkeit festgesetzt sind, nicht eingehalten, um unter Wahrung der Gerechtigkeit für eine Beschleunigung zu sorgen.

 

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